Frau S.: „Tschüß, güle güle iyi eglenceler anaokulunda. Hast du Dein beslenme gantani hazirladinmi?“
Aysegül: „Hajir biz bugün kutluyoruz Michaels Geburtstag.“
In unserem Land ist Deutsch für immer mehr Menschen nicht die Muttersprache. Sie – oder ihre Eltern – sind beispielsweise aus Russland, der Türkei, aus Italien oder aus Polen zugewandert. So leben in Deutschland mittlerweile mehr als 15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Allen gemeinsam ist, dass Deutsch die zweite, teilweise auch erst die dritte Sprache ist, die sie erworben haben.
Im Alltag der mehrsprachigen Familien zeigt sich häufig eine enge Vermischung der vorhandenen Sprachen. Die Identifikation und differenzierte Wahrnehmung von Muttersprache und Zweitsprache ist somit erschwert und kann für Kinder mit fehlendem Sprachtalent zu Schwierigkeiten im Spracherwerb führen.
Unzureichende Sprachfähigkeit bei der Einschulung ist zur Zeit ein aktuelles Thema in der Bildungspolitik und wird in den Bundesländern mit verschiedenen Lösungsansätzen aufgegriffen.
In Gesprächen mit Eltern von Kindergartenkindern zeigt sich ein großer Wunsch, die Muttersprache in der Familie zu erhalten, aber auch die Sorge um die Sprachkompetenz der Kinder und daraus folgende Probleme in der Schule.
Die Sprachfähigkeit von bilingualen Kindern ist eine Aufgabe, die von den Eltern und sozialen sowie bildenden Institutionen in unserer Gesellschaft gemeinsam getragen werden sollte.
Hierbei fällt den Eltern besonders die Aufgabe zu, Sprache als Kommunikationsinstrument zu vermitteln und die ersten wichtigen Schritte der Sprachentwicklung zu unterstützen.
Kinder haben die Möglichkeit, verschiedene Sprachen gleichzeitig oder nacheinander zu erlernen. Besonders in den frühen Phasen des Spracherwerbs ist es günstig, wenn die Eltern mit den Kindern in ihrer jeweiligen Muttersprache (Erstsprache) sprechen, die Sprache, die sie ganz spontan und natürlich sprechen und die sie am besten beherrschen. In dieser Sprache ist ein guter Wortschatz vorhanden und das Regelwerk dieser Sprache ist fest verankert.
Nur so können Eltern sich in ihrer Kommunikation auf ihr Kind einstellen und die Funktion und Form von Sprache vermitteln. Das Kind lernt Sinn und Bedeutung von Worten zu erkennen sowie Kategorien für das Abspeichern eines Lexikons zu entwickeln. Sprache muss für das Kind in seinem täglichen Erleben sinnvoll mit Handlung verknüpft sein, damit es in der Lage ist, die Regelhaftigkeit von Sprache zu erkennen, abzuspeichern und selbst richtig anzuwenden.
Kinder brauchen eine gute Sprachkompetenz in ihrer Erstsprache.
Diese ist der Grundstein zum Erwerb weiterer Sprachen. So wird das Kind in der Lage sein, die Sprache seiner Umgebung zu lernen, sobald es seinen Handlungsradius über den engen Familienkreis hinaus weiter ausdehnt.
Hierfür sollte die Familie dem Kind ausreichend Möglichkeiten schaffen. Zum Beispiel durch die Teilnahme an Spielgruppen, den Besuch eines Kindergartens (ab 3 Jahre), die Teilnahme an Festen und Ausflügen der Kindergärten und Schulen oder Sport- und Freizeitaktivitäten gemeinsam mit deutschen Kindern.
Nur so hat das Kind die Chance, Deutsch in der Qualität einer zweiten Muttersprache zu erwerben und damit gute sprachliche Voraussetzungen für Schule und Beruf zu erreichen.
Zur Erleichterung des bilingualen Spracherwerbs sollte die Familie klare und umsetzbare Regeln für den Umgang mit den verschiedenen Sprachen finden. Diese sollten möglichst früh eingeführt werden, für das Kind nachvollziehbar sein und von allen Familienmitgliedern akzeptiert werden.
Beispielsweise könnte in einer russischen Familie die Mutter mit ihren Kindern immer russisch sprechen und der Vater mit guten Deutschkenntnissen die Gute-Nacht-Geschichte auf Deutsch vorlesen. Oder der aus Italien stammende Vater spricht Italienisch und die türkisch/deutsch aufgewachsene Mutter kommuniziert auf türkisch mit den Kindern.
Verfügt ein bilingual aufwachsendes Kind über eine gute sprachliche Basis in seiner Muttersprache und es treten Sprachauffälligkeiten beim Erwerb der deutschen Sprache auf, so sollte dieses Kind möglichst eine intensive Förderung der Zweitsprache – wenn möglich auch im familiären Umfeld – erhalten.
Verfügt ein Elternteil über gute Deutschkenntnisse bei ausreichender Grammatiksicherheit, sollte es dann eng in die sprachliche Förderung mit einbezogen werden.
Mehrsprachigkeit allein ist keine Ursache für eine Sprachentwicklungs-verzögerung. Tritt aber eine Entwicklungsstörung auf, betrifft sie alle Sprachen des Kindes und ist meist schwerwiegender als bei einsprachigen Kindern. In diesem Fall kann die Reduktion auf eine Sprache manchmal ratsam sein.
Häufig stehen Personen, die an der Erziehung und Entwicklung des Kindes beteiligt sind, vor der Frage, ob eine Sprachentwicklungsverzögerung vorliegt oder es dem Kind derzeit lediglich an Deutschkenntnissen mangelt.
Zur Klärung sollten die Eltern unbedingt Beratung und Hilfe suchen. Ansprechpartner sind Sprach- und Hörberatungsstellen, Erziehungs-beratungsstellen, interkulturelle Einrichtungen sowie Kinderärzte und Logopäden.
Frau S.: „Merhaba, bugün günun nasil gesti?“
Aysegül: „Schön, wir haben Michaels Geburtstag gefeiert und er hat leckeren Kuchen mitgebracht.“